Abschreiben als schulische Arbeitstechnik:
Voraussetzungen, Prozesse, Strategien
Abschreiben ist vor allem in der Grundschule eine wichtige Arbeitstechnik und eine Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht; zugleich bildet es den Ausgangspunkt für komplexere textreferenzielle Schreibfähigkeiten (z. B. exzerpieren). Im Projekt wird untersucht, welche Strategien von Grundschülerinnen und Grundschülern bei der Ausbildung effizienter Abschreibfertigkeiten eingesetzt werden. Da beim Abschreiben üblicherweise Teile des abzuschreibenden Textes Stück für Stück zwischengespeichert und übertragen werden, steht das menschliche Arbeitsgedächtnis als Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Strategie im Vordergrund. Es liegt nahe, dass die linguistische Kodierbarkeit der abzuschreibenden Vorlagen in Form von Aussprechbarkeit und (Wort-)Bedeutung ein wichtiger strategischer Ansatzpunkt für die effiziente Ausnutzung des Arbeitsgedächtnisses beim Abschreiben sind.
Vor diesem Hintergrund werden die vorhandenen Abschreibkompetenzen an wichtigen Stellen der Primarstufe (2. Klasse und 4. Klasse) in experimentellen Einzelerhebungen untersucht. Von den Kindern werden verschiedene Arten von Vorlagen abgeschrieben, die im Grad ihrer linguistischen Kodierbarkeit systematisch variiert wurden (sinnvoller Text, Ziffernfolgen, Konsonantenreihen, abstrakte Symbole). Zusätzlich kommt das Doppelaufgabenparadigma zum Einsatz, mit dem sich die differenzielle Beteiligung der Arbeitsgedächtniskomponenten identifizieren lässt. Dabei wird durch parallel zum Abschreiben auszuführende Aufgaben eine zusätzliche Belastung der phonologischen Schleife, des visuell-räumlichen Notizblocks oder der zentralen Exekutive erzeugt, und es wird erfasst, inwieweit die Abschreibleistung dadurch im Vergleich zu einer Kontrollbedingung ohne Zweitaufgabe negativ beeinflusst wird.
Auf diese Weise ergeben sich insgesamt 4 × 4 = 16 Aufgabenkombinationen aus Symbolsystem und Zweitaufgabenbedingung, die alle von jedem Kind bearbeitet wurden. Die vorwiegend varianzanalytische Untersuchung verschiedener schreibprozessbezogener Variablen (z. B. Schreibpausen) erlaubt innerhalb dieses Designs Rückschlüsse auf Strategien zur besseren Nutzung des Arbeitsgedächtnisses für effizientes Abschreiben; der Vergleich der beiden Klassenstufen ermöglicht einen Einblick in die Entwicklung dieser Strategien. Die aus den Befunden gewonnenen Erkenntnisse können in weiteren Schritten als Grundlage für die Entwicklung und Erprobung von Interventionsmaßnahmen zur Förderung von Abschreibkompetenz dienen.
Projektleitung: Prof. Dr. Joachim Grabowski
Projektförderung: Pädagogische Hochschule Heidelberg
Laufzeit: April 2007 – März 2010
Partnerschulen:
Bertha-Hirsch-Schule Mannheim
Rektor Ulrich Lutz
Brüder-Grimm-Schule Mannheim
Rektor Klaus Burchard
Mit freundlicher Unterstützung des Staatlichen Schulamts für die Stadt Mannheim
Amtsleiter Botho Stern